Künstliche Intelligenz (KI) ist aus der modernen Arbeitswelt kaum mehr wegzudenken. Doch warum schrecken viele immer noch davor zurück, KI in ihren Alltag zu integrieren?
In meiner Arbeit als Fractional CIO und Berater gehört der Einsatz von KI-Tools längst zur Routine. Ob als Sparringspartner für strategische Entscheidungen, Feedbackgeber für neue Pläne oder Ideengeber für innovative Projekte – die KI ist ein fester Bestandteil meiner Prozesse. Doch Gespräche mit Kunden, Geschäftspartnern und Kolleg:innen zeigen: Die Integration von KI verläuft oft langsamer als erwartet.
Ein Grund, über den selten offen gesprochen wird, ist das Gefühl, dass der Einsatz von KI wie Schummeln wirkt. Aber ist das wirklich so?
Warum fühlt sich KI wie „Schummeln“ an?
Unser berufliches Selbstverständnis beruht häufig auf zwei grundlegenden Prinzipien:
- Der Wert origineller Ideen
Von klein auf lernen wir: Abschreiben ist Betrug. Im Berufsleben wird diese Prämisse verstärkt, besonders in Bereichen wie Strategie, Marketing oder Produktentwicklung. Originelle, selbst erarbeitete Ideen gelten als essenziell. Wenn nun eine KI bessere Vorschläge liefert, stellt das viele vor eine innere Konfliktfrage: Ist das wirklich mein Erfolg? - Der Wert der Anstrengung
Harte Arbeit wird belohnt – ein Gedanke, der tief in unserer Arbeitskultur verwurzelt ist. Viele Menschen messen ihren beruflichen Wert an der aufgewendeten Zeit und Energie. KI verändert dieses Bild radikal, indem sie Arbeitsprozesse massiv beschleunigt. Was früher vier Stunden gedauert hat, schafft man mit KI in 30 Minuten. Statt Stolz entsteht bei manchen ein Gefühl von „Faulheit“.
Ein Beispiel aus der Praxis
Ich nutze KI regelmäßig, um zielgerichtetere Kommunikation zu entwickeln. In einem Fall habe ich mit Unterstützung einer KI eine Analyse erstellt, die in kürzester Zeit bessere Ergebnisse lieferte, als ich selbst in derselben Zeit erreicht hätte. Meine erste Reaktion: Erleichterung. Doch später fragte ich mich unwillkürlich: Wenn KI das so gut kann, welche Rolle bleibt langfristig für mich?
Die größten Hürden bei der KI-Nutzung
Neben emotionalen Barrieren gibt es auch praktische Herausforderungen, die eine breitere Nutzung von KI bremsen:
- Schlechte Eingaben führen zu schlechten Ergebnissen
Wie bei jeder Technologie gilt auch hier: Qualität rein, Qualität raus. Viele Nutzer:innen wissen nicht, wie sie präzise Anweisungen („Prompts“) formulieren sollen. Laut Studien sind nur 10 % der Wissensarbeiter:innen starke „Prompter“. Das führt bei den meisten zu schlechten Ergebnissen und somit zu Frustration. - Der leere Bildschirm
Anders als spezialisierte Software beginnt KI oft mit einem weißen Textfeld. Ohne klare Vorstellung, wie die Technologie eingesetzt werden soll, scheitert die Nutzung häufig schon am Startpunkt. - Vergesslichkeit im Alltag
Selbst erfahrene Nutzer:innen vergessen manchmal, KI bei alltäglichen Aufgaben einzusetzen. Tools wie ChatGPT oder Claude sind noch nicht so stark in unseren Arbeitsalltag integriert wie E-Mail oder Suchmaschinen.
Wie lassen sich emotionale Barrieren überwinden?
Um Vorbehalte gegenüber KI abzubauen, haben sich in meiner Arbeit drei Strategien als besonders effektiv erwiesen:
- Die Perspektive der Führungskraft einnehmen
Führungskräfte bewerten Ergebnisse – nicht den Aufwand. Für CEOs zählt das Resultat: Ist die Idee gut und bringt sie das Unternehmen voran? Dabei ist es egal, ob diese Idee von einem Mitarbeitenden, einem Team oder einer KI stammt. Wer sich auf diese Ergebnisorientierung konzentriert, kann emotionale Blockaden leichter lösen. - Mit unbekannten Themen starten
Nutzen Sie KI zunächst in Bereichen, in denen Sie selbst keine Expert:innen sind. So habe ich KI beispielsweise eingesetzt, um medizinische Diagnosen besser zu verstehen. Da ich kein Arzt bin, fühlte ich mich nicht bedroht, sondern freute mich über die Unterstützung. Dieses Vorgehen hilft, den Mehrwert der Technologie ohne Vorurteile zu erleben. - Den Wettbewerb als Motivation sehen
Die nächste Generation wächst ohne Vorbehalte gegenüber KI auf. Für erfahrene Berufstätige bedeutet das, KI nicht als Bedrohung zu sehen, sondern als Chance, wettbewerbsfähig zu bleiben. Wer KI intelligent einsetzt, schafft sich einen entscheidenden Vorteil.
Persönliche Erfahrungen: Warum KI kein Schummeln ist
In einem meiner Projekte unterstützte ich einen CIO aus dem Mittelstand, der zunächst skeptisch gegenüber KI war. Das Team lieferte bereits gute Ergebnisse, warum also etwas ändern? Erst durch Simulationen realer Szenarien, in denen KI bessere Ergebnisse in kürzerer Zeit lieferte, wandelte sich die Einstellung. Heute nutzt das Team KI nicht nur in den Kernprozessen, sondern auch in Supportaufgaben – und ist stolz auf die gemeinsamen Erfolge.
Abschließende Gedanken: KI als Partner, nicht als Bedrohung
Unser berufliches Selbstbild ist oft noch an traditionelle Konzepte wie harte Arbeit und originelle Ideen gebunden. Doch diese Sichtweise braucht ein Update. Wer KI als Werkzeug begreift, das die eigenen Fähigkeiten erweitert, erkennt schnell, dass die Technologie kein Ersatz, sondern ein unverzichtbarer Partner ist.
Denn am Ende zählt nur eines: Ergebnisse. Und KI hilft uns dabei, diese schneller und besser zu erreichen. Nutzen Sie diese Chance – bevor es Ihre Wettbewerber tun.